Am 19.05.2020 begann um 9:30 Uhr der dritte Prozesstermin im Verfahren gegen Ramadan nach einer knapp zwei-monatigen Pause, die durch die Entwicklungen der Corona-Pandemie ausgelöst wurde.
Der Gerichtstermin beginnt mit der Richtererklärung, dass aufgrund der auf die aktuelle Lage durch die Corona-Pandemie angepassten Bedingungen jetzt weiter verhandelt werden könnte. Der Gerichtssaal 21 ist umgebaut worden: Plexiglasscheiben zwischen den Sitzen, Hinweise auf Abstandsregeln etc.
Anwesend sind: Vorsitzender Richter Herrmann, Beisitzende Richterin Frenz, Beisitzender Richter Maletz. Zwei Schöffen. Sachverständige Frau Nahlah Saimeh. Geladene Zeug*innen R. und P. Eine Pressevertreterin, drei Besucher*innen.
Die Anwältinnen weisen daraufhin, dass die Sitzordnung die Zeug*innenvernehmung behindere. Außerdem störe der Lärm von der Baustelle. Sitzordnung wird geändert. Lärm wird später abgestellt.
Das Verfahren beginnt mit einer Erklärung der Anwältinnen zu den Versuchen während der 9 Monate der rechtswidrigen Unterbringung von Ramadan in der Psychiatrischen Klinik Lüneburg (PKL) eine Entlassung aus dieser Unterbringung zu erreichen. Alle diese Versuche wurden schriftlich ohne weitere Anhörung abgelehnt, obwohl immer wieder in den Gutachten der Sachverständigen und auch von der Leiterin des PKL darauf hingewiesen wurde, dass eine Unterbringung dort nicht sinnvoll gegeben sei und die notwendige Traumatherapie verhindere.
Des Weiteren wird die andauernde Untersuchungshaft kritisiert, die schon lange nicht mehr verhältnismäßig sei.
Die Erklärungen der Anwältinnen werden diesem Blog hinzugefügt.
– Erste Pause –
Es werden noch einmal die Videos vom Tathergang gezeigt.
Beginn der Vernehmung der Zeugin R., die, wie sich herausstellt, zwischenzeitlich anwaltliche Beratung bezogen hat.
Sie gibt an, sich an gar nichts mehr zu erinnern. Nur daran, dass es einen Streit zwischen ihr und M. gab und sie zur Tankstelle gegangen sei. Dann kam es zur Auseinandersetzung. „Ich erinnere mich an den Ziegelstein.“ Auf Nachfrage stellt sich heraus, dass sie sich an den Ziegelstein konkret erinnert, weil sie am Abend vor der Verhandlung etwas über die Auseinandersetzung nachgelesen hat.
Es folgt eine zähe, stundenlange Befragung durch Richter und beisitzenden Richter. Die Zeugin reagiert immer mit der gleichen Aussage: „Ich erinnere mich nicht“. Im Verlauf dieser Befragung kritisieren die Anwältinnen das Verfahren, der Zeugin ihre Aussagen die sie am Tattag bei der Polizei machte, fast vollständig vorzulesen. Das sei so nicht zulässig.
Das Video, das den Tathergang zeigt, wird erneut abgespielt.
Als R. das Video sieht, fängt sie an zu weinen. Sie sagt, dass sie sich nicht mehr an das Tatgeschehen erinnere und von dem, was sie sieht, erschrocken – auch über sich selber – sei.
Die den Prozess beobachtenden Personen stellen fest, dass sich im Auftreten und den Aussagen der Zeugin ein Unterschied zum ersten Prozess bemerkbar macht: Sie sagt, dass es ihr Leid tut und sie Schuld daran gehabt habe, dass die Situation so eskaliert sei. Sie gibt an, Alkohol getrunken zu haben und sagt sie wisse, dass sie dann sehr unangenehm werde.
Bei der weiteren Befragung durch die Gutachterin stellt sich heraus, dass die R. in der Zeit von 2018 bis Ende 2019 aufgrund von Gewalterfahrung in therapeutischer Behandlung gewesen ist. Nachfragen von Richter und Anwältinnen ergeben, dass die Gewalt nicht von den in dem Verfahren beteiligten M. oder P. ausgeübt worden ist. Gegen die betreffende Person sei zwar Anzeige gestellt worden, es kam aber nicht zum Prozess, da die Person nicht auffindbar gewesen sei. Sie habe darüber hinaus keinen Kontakt mehr zu ihren ehemaligen Freunden M. und P..
Nachfragen der Sachverständigen zu den Aussagen im ersten Verfahren, sie sei sexistisch angemacht und/oder belästigt worden, erinnert die Zeugin nicht.
Die Befragung der Zeugin R. zieht sich über den ganzen Tag hinweg.
Der geladene Zeuge P. ist nicht erschienen. Das Gericht will ihn suchen und neu vorladen.
Das Verfahren wird am Folgetag, Mittwoch den 20.5.2020 um 9:30 Uhr fortgeführt.