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Kundgebung zum neuen Prozessbeginn: Solidarität mit Ramadan!

Kundgebung: Solidarität mit Ramadan!
Gemeinsam gegen Rassismus – in Lüneburg und überall!

05.03.2020 – 08:30 Uhr – Marktplatz Lüneburg (vorm Landgericht)

Zum Beginn des neuen Gerichtsprozesses wollen wir gemeinsam eine weitere Kundgebung für unseren Freund Ramadan abhalten, damit er und alle anderen wissen: Wir sind da, wir gucken hin.
Am 5.3.2020 wird um 9:30 Uhr die Anklage verlesen.
Wir treffen uns um 8:30 Uhr vor dem Landgericht (Am Markt 7, 21335 Lüneburg) für unsere Solidaritätskundgebung für Ramadan.

Lasst uns klar zeigen, dass rassistische Handlungen nicht toleriert werden können. Lasst uns deutlich machen, dass es nicht klar geht, dass Personen als gefährlich eingestuft werden, die sich gegen Rassismus zur Wehr setzen und nicht solche Personen, die Täter und Auslöser von Rassismus sind.

Gemeinsam gegen Rassismus – in Lüneburg und überall!

Lasst uns gemeinsam Ramadan und andere von Rassismus Betroffene in ihrem Kampf um Freiheit und Gerechtigkeit unterstützen.

05.03.2020 – 08:30 Uhr – Marktplatz Lüneburg

Und weiterhin gilt:
Um die Kosten für die Verteidigung im anstehenden Prozess, sowie weitere Ausgaben zu decken, werden in nächster Zeit mehrere Tausend Euro benötigt. Dafür sind wir auf euren Soli-Beitrag angewiesen.

Spendenkonto
Betreff: Solidarität mit Ramadan
Kontoinhaberin: Solidarität
IBAN: DE90 2406 0300 0125 3816 00
BIC: GENODEF1NBU
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Alle weiteren Infos hier: solidaritaetmitramadan.blackblogs.org

Solidarität mit Ramadan! Neuer Prozess beginnt nächste Woche

Neuer Prozess gegen Ramadan beginnt nächste Woche

Liebe Freund*innen,

nachdem unser Freund Ramadan im ersten Verfahren am 6.3.2019 wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen wurde, ihm zusätzlich jedoch eine Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik ohne Bewährung nach §63 StGB sowie die Kosten des Verfahrens auferlegt wurden, haben seine Anwältinnen Busmann und Heinecke gemeinsam mit Ramadan Einspruch gegen dieses Urteil eingelegt.
Alle Informationen zum Prozessverlauf 2019 und den Hintergrund findet ihr hier: solidaritaetmitramadan.blackblogs.org

Der Einspruch war erfolgreich und das Urteil wurde im November letzten Jahres aufgehoben. Ramadan konnte somit endlich aus der Psychiatrischen Klinik Lüneburg (PKL) entlassen werden, in die er aufgrund des vorherigen Urteils eingewiesen worden war. Dort musste er 9 Monate ohne Behandlung auf der geschlossenen Station verbringen, diese Zeit war eine Qual für ihn.

Bei der Haftprüfung entschieden die Richter*innen jedoch wieder gegen ihn (und auch gegen den Rat des im ersten Verfahren bestellten psychologischen Gutachters) und wiesen ihn zurück in die Lüneburger JVA ein, obwohl er ein stabiles soziales Umfeld und eine Wohnung vorweisen konnte und nicht davon auszugehen war, dass Ramadan abtauchen würde. Bis heute sitzt Ramadan deswegen in der Justizvollzugsanstalt.

Nun stehen die Termine für die neue Verhandlung fest. Die Anklageverlesung markiert den Auftakt im Prozess und findet schon nächste Woche Donnerstag, am 05.03.2020 um 09:30 Uhr im Landgericht Lüneburg statt.

Die ehemalige Soligruppe aus Lüneburg ist geschwächt und aktuell ist noch nicht klar, ob eine Prozessbeobachtung gemacht und der Blog weiter gepflegt werden können.
Wir möchten deswegen alle Leute aufrufen, sich zu engagieren, sich solidarisch zu zeigen, die Termine vorzumerken und mit auf die Straße und in den Gerichtssaal zu kommen – um Ramadan zu zeigen, dass er nicht alleine ist.

In Tagen wie diesen ist es wieder einmal und besonders wichtig, Solidarität mit von Rassismus betroffenen Menschen zu zeigen. Warum dieser Fall kein normaler Strafprozess ist, sondern eine rassistische Dimension hat, die kaum Beachtung findet – und was wir aus der Prozessbegleitung gelernt haben, weiter unten.

Gemeinsam gegen Rassismus – in Lüneburg und überall!

Die Termine für die Gerichtsverhandlungen sind:
Anklageverlesung am 05.03.2020, dann 17.3.2020, 30.3.2020, 31.3.2020, 20.4.2020, 23.4.2020 – jeweils um 09:30 Uhr.

Ein neuer Prozess bedeutet auch neue Kosten. Wir möchten uns zuerst noch einmal bedanken, bei allen Personen die den letzten Prozess finanziell und durch persönliche Anwesenheit unterstützt haben. Die Kosten für die Anwältinnen konnten gedeckt werden. Wir alle, und Ramadan, sind dankbar und glücklich über so viel Unterstützung.
Leider gilt jetzt nach wie vor: es werden mehrere Tausend Euro benötigt, um die Kosten für die Verteidigung im anstehenden Prozess sowie weitere Ausgaben zu decken. Dafür sind wir auf euren Soli-Beitrag angewiesen.

Lasst uns gemeinsam Ramadan und andere von Rassismus Betroffene in ihrem Kampf um Freiheit und Gerechtigkeit unterstützen.

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Zur rassistischen Dimension – Und was wir aus dem letzten Prozess gelernt haben (ohne Anspruch auf Vollständigkeit)
Was wir aus dem letzten Prozess gelernt haben ist, dass rassistische Handlungen, die direkt mit der verhandelten Situation zu tun haben, vom Gericht als nicht relevant angesehen werden und keine Beachtung finden.
Was wir deutlich festgestellt haben ist, dass nicht Personen, die Täter und Auslöser von Rassismus sind durch die deutsche Justiz als gefährlich eingestuft werden, sondern solche Personen, die sich gegen den erfahrenen Rassismus zur Wehr setzen.
Was wir aus dem letzten Prozess gelernt haben ist, dass aufgrund einer „gefühlten“ Einschätzung der anwesenden Polizist*innen entschieden wird, wer in einer Situation „Täter“ und wer „Opfer“ ist.
Ist, dass durch einige Medien und v.a. in den sozialen Medien Tathergänge erdacht werden, um rassistische Stereotype zu bedienen.
Ist, dass versucht wird, Rassismus und Sexismus gegeneinander auszuspielen.
Ist, dass Richter*innen sich teils herablassend gegenüber migrantischen Personen zeigen.
Ist, dass latenter oder offener Rassismus vor den Gerichtssälen keinen Halt macht.
Ist, dass Komponenten wie Traumata und PTBS durch politische Verfolgung und Folter nicht mit-gedacht und nicht ernst genommen werden.
Ist, dass das Gericht in erster Instanz Ramadan nicht schuldunfähig sprechen und ihn „einfach gehen lassen“ wollte, sondern gegen den eigenen Gutachter entschieden hat, um eine vermeintliche „Erziehungsaufgabe“ zu übernehmen.
Ist, dass dem Gericht gesellschaftlich wichtiger erscheint, eine traumatisierte und potenziell re-traumatisierte Person weg zu sperren, als für die notwendige Unterstützung zu sorgen, damit es nicht mehr zu solchen Situationen kommen kann.
Ist, dass eine traumatisierte Person neun Monate lang unter skandalösen Bedingungen, gegen ihren Willen und ohne Therapiemöglichkeit untergebracht wurde.
Ist, dass zwischen „Einheimischen“ und „Zugewanderten“ getrennt – und versucht wird diese „Gruppen“ gegeneinander auszuspielen.
Ist, dass Wegsperren Repression ist.
Ist, dass es wichtig ist, dass Leute genau hinsehen – immer und überall.
– to be continued

Ein Freispruch bedeutet nicht Gerechtigkeit!

Am letzten Verhandlungstag wurden die Plädoyers der Anwältinnen von Ramadan und der Staatsanwaltschaft vorgetragen. Die Anwältinnen plädierten für eine ambulante Therapie und eine intensive Begleitung und Unterstützung Ramadans. Eine Verwahrung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach §63 StGB könne zur Bewährung ausgesetzt werden. Der Staatsanwalt hingegen plädierte für eine Verwahrung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach §63 StGB ohne Bewährung. Das Gericht folgte schließlich dem Plädoyer des Staatsanwalts mit der Begründung, dass Ramadan zwar nicht schuldfähig war, entsprechend also freizusprechen sei, eine wiederholte Retraumatisierung in einer Situation wie der an der Bleckeder Landstraße aber in jedem Fall nicht auszuschließen sei. Deshalb sei die Verwahrung in einem psychiatrischen Krankenhaus unabdinglich. Wir sehen dieses Urteil nicht als konstruktive Problemlösung, sondern als ein repressives Wegsperren. Anstatt Ramadan als Menschen zu betrachten, haben die Richter ihn auf unbestimmte Zeit zu einer Gefahr für die Allgemeinheit erklärt.

Der Gutachter Prof. Dr. Wielant Machleidt, der eigens vom Gericht bestellt wurde, ist Experte für interkulturelle Psychiatrie sowie für Früherkennung und -behandlung psychischer Erkrankungen bei Migrant*innen. Von 1994 bis 2010 war er Leiter des Referats für Transkulturelle Psychiatrie und Migration der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) und ist Ehrenvorsitzender des Ethnomedizinischen Zentrums Hannover (EMZ). Auf die explizite Nachfrage, ob eine stationäre Therapie sinnvoll sei, entgegnete er, dass die ambulante psychotherapeutische Traumatherapie vorzuziehen sei, da sie wesentlich bessere Heilungschancen biete. Auch deshalb, weil Ramadan so nicht aus seinem bekannten sozialen Umfeld entrissen würde. Es ist ein Skandal, dass das Gericht seinem eigens beauftragten Gutachter, welcher langjähriger renommierter Experte auf diesem Gebiet ist, nicht folgt. Denn wie die Verteidigung erläuterte, hätte die Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus auch zur Bewährung ausgesetzt werden können.

Die richterliche Begründung des Urteils ist für uns höchst problematisch. Heißt es doch zu Ende gedacht, dass Ramadan dafür verantwortlich gemacht wird, wenn andere ihn rassistisch angreifen oder bedrohen und somit ein Szenario schaffen, das seine Retraumatisierung begünstigt. Da bei Ramadan die Gefahr drohe, in der Retraumatisierung die Fähigkeit zur Einsicht sowie zur Steuerung seiner Handlungen zu verlieren, wird er selber zur Gefahr erklärt. Auf den Kontext eines rassistischen Übergriffs übertragen, klingt dieses Urteil in etwa so: Gefährlich sind nicht die, die rassistisch beleidigen und körperlich angreifen, sondern die, die das Ganze nicht über sich ergehen lassen und womöglich die Kontrolle verlieren könnten.

Das Urteil setzt damit die Art und Weise fort, wie der Prozess seitens der Staatsanwaltschaft und der Richter geführt wurde. Nämlich mit einer Missachtung des gesamten rassistischen Kontextes. Es ist bezeichnend für diesen Staat, dass ein Polizist von Amts wegen eine Anzeige wegen eines angeblich sexualisierten Übergriffs einleitet, obwohl in den angehängten Akten klar ersichtlich ist, dass die vermeintlich Betroffene klar und deutlich sagt, dass sie nicht angefasst wurde. Zeitgleich hält derselbe Polizist es nicht für nötig, von Amts wegen eine Anzeige wegen rassistischer Beleidigung zu stellen.

Nur weil es eine sehr engagierte Verteidigung und eine kritische Prozessbeobachtung gab, wurde der zugrunde liegende Rassismus des Vorfalls überhaupt erst behandelt und versucht politisch aufzuarbeiten. Weder die Richter noch der Staatsanwalt bemühten sich darum, den Vorfall in den Kontext eines rassistischen Übergriffs zu stellen. Zudem wurde die kritische Prozessbeobachtung durch das Gericht systematisch versucht zu unterbinden, indem von Beginn bis zum Ende des Prozesses das Mitführen jeglicher Schreibutensilien verboten sowie eine intensive Leibesvisitation durchgeführt wurde. Das führte zu langen Schlangen vor dem Eingang, wodurch Menschen teilweise erst nach Beginn der Verhandlung den Besucher*innenraum betreten konnten.

Das ist keine Seltenheit, sondern Normalität und hat System, wie bereits Schlueter und Schoenes in ihrer wissenschaftlichen Arbeit „Zur Ent-Thematisierung von Rassismus in der Justiz“ feststellten: „…[Es] äußert sich Rassismus in der Justiz auch verdeckt, wenn nämlich rassistische Handlungen, die im Vor- oder Umfeld des aus Sicht des Gerichts ‚eigentlich‘ relevanten Geschehens passiert sind, als nicht verfahrensrelevant aus dem Verfahren ausgeschlossen werden“ (Schlueter, Schoenes (2016): „Zur Ent-Thematisierung von Rassismus in der Justiz“).

Folgt das Urteil hier dem gesellschaftlichen Ruf nach dem „starken Staat „, indem es vermeintlich „kriminelle Ausländer*innen“ wegsperrt? Oder wäre das Urteil ein anderes gewesen, wenn Ramadan weiß wäre? Wir wissen es nicht. Fest steht für uns nur eins: Egal ob Schuld- oder Freispruch, Gerichte können keine Gerechtigkeit schaffen.

Freiheit für Ramadan! Gemeinsam gegen Rassismus in Lüneburg und überall!

Nach dem Prozess stehen wir vor immens hohen Verfahrenskosten sowie den Kosten für die Anwältinnen. Mehrere Tausend Euro sind noch offen und wir brauchen dringend (!) eure finanzielle Unterstützung. Lasst uns gemeinsam Ramadan und andere von Rassismus Betroffene in ihrem Kampf um Freiheit und Gerechtigkeit unterstützen!

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Urteilsverkündung

Heute wurde früher als erwartet das Urteil im Prozess gegen Ramadan verkündet. Das Gericht befindet Ramadan für nicht schuldig und ordnet eine Verwahrung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach §63 StGB ohne Bewährung an. Ihm werden außerdem die Verfahrenskosten sowie die Kosten der Nebenklage auferlegt. Eine Revision ist möglich.

Wir finden die Entscheidung zur Verwahrung nach §63 StGB skandalös – Freiheit für Ramadan!

In den kommenden Tagen werden wir hier ein ausführliches Statement dazu veröffentlichen.

Prozesstag #4

04.03.2019

Anwesende Personen: Vorsitzender Richter, 2 beisitzende Richter, 2 Schöffen, Staatsanwalt, Protokollantin, Anwältinnen von Ramadan, Ramadan, Dolmetscherin, psychologischer Gutachter, ein Polizist und mehrere JVA-Angestellte. Rechtsanwalt der Nebenklage (nach Mittagspause erschienen).

Keine Vertreter*innen der Presse anwesend.

Der vierte Verhandlungstag begann mit der Ladung des Zeugen M., der als Freund von Ramadan ebenfalls vor Ort war. Er berichtete, dass sie an dem besagten Abend gut drauf waren und in der Stadt gefeiert haben. Ramadan sei ebenfalls guter Dinge gewesen. Er hatte sich bemüht, seine Familie nach Deutschland zu bringen und seine Anstrengungen seien vielversprechend verlaufen. Er hatte in Aussicht, seine Familie bald wiedersehen zu können.

M. sagte aus, dass die Zeugin R. ihn und seine Freunde rassistisch beleidigte, als sie auf der anderen Straßenseite auf dem Weg zur Tankstelle war. Sie rief Ramadan und seinen Freunden Sätze wie „Ihr scheiß N***, geht zurück nach Hause“ über die Straße zu. Zwei Freunde Ramadans wechselten auf ihre Straßenseite, um R. zur Rede zu stellen. Ramadan und M. wollten sich nicht in die Situation begeben und versuchten, ihren Weg nach Hause langsam fortzuführen. Erst als die zwei deutschen Männer zu R. und Ramadans Freuden kamen und begannen, die sudanesischen Männer zu schubsen, wechselten auch Ramadan und M. die Straßenseite. Ramadan rief, so Zeuge M., als er die Straße überquerte: „Hört auf mit der Scheiße“. M. sagt aus, P. aus der Gruppe der Deutschen zurück gehalten zu haben. In der Auseinandersetzung wurde auch M. verletzt, weiß aber nicht mehr wie das passiert ist.

Zeuge PHK W.

Als nächster Zeuge kam Polizeihauptkommissar W. in den Gerichtssaal. Er erschien mit seiner Dienstwaffe, was zur Beschwerde der Verteidigung führte. Der Richter erwiderte, das sei ’normal‘, die Anwältinnen könnten schriftlich Beschwerde einreichen, die er dann jedoch wiederum abweisen würde. Nach Rücksprache mit Ramadan wurde die Vernehmung fortgeführt.

PHK W. gab an, den Tatort erreicht zu haben, als die Schlägerei bereits beendet war. Er bekam von einem Freund Ramadans berichtet, dass diese von den Deutschen rassistisch beleidigt und angegriffen wurden. W. begleitete den verletzten P., der nach seinem Eintreffen immer noch aggressiv und sehr aufgebracht war, in den Krankenwagen, wo er ihn befragen wollte. Dabei habe P. mehrmals den Mittelfinger in Richtung Ramadans Gruppe gezeigt und sie lautstark beleidigt. P. riss sich während der Befragung den gerade angelegten Verband vom Kopf, sprang aus dem Wagen und versuchte mit erhobener Faust erneut auf einen Freund Ramadans loszugehen.

PHK W. hat eine „Anzeige von Amtswegen“ wegen sexueller Belästigung veranlasst, an die er sich angeblich nicht mehr erinnern kann. Auf Vorhalten der Verteidigung gibt er an, die Unterschrift darunter als seine eigene zu erkennen. Der Anzeige sind Vernehmungsprotokolle angehangen, in denen Zeugin R. angibt, dass sie nicht angefasst wurde und in der sie die explizite Nachfrage zu Übergriffen verneinte. Eine Anwältin Ramadans fragte nach, ob er die Anzeige auch veranlasst hätte, wenn er das Protokoll mitsamt der Aussage der Zeugin R. und ihrer Verneinung jeglicher Übergriffe gelesen hätte. Er bejahte die Frage und sagte, es hätte mit P. einen glaubhaften Zeugen für die Belästigung gegeben. Und damit genug Anlass, um „proaktiv“ tätig zu werden.

Die Nachfrage, ob PHK W. sich vorstellen könne, ähnlich ‚proaktiv‘ eine Anzeige wegen rassistischer Beleidigung gegen die Deutschen aufzugeben oder zu empfehlen, verneint dieser. Er hätte die Beleidigungen ja bereits in seinen Bericht aufgenommen und sähe keinen Grund, auch hier eine Anzeige aufzugeben.

In der Vernehmung des Zeugen PHK W. durch die Verteidigung kam heraus, dass er sich durch das Lesen von anderen Zeugen-Vernehmungsprotokollen auf seine Aussage vorbereitet hat. Auf Nachfragen der Verteidigung verneinte er sichtlich verunsichert die Frage danach, ob das so üblich sei.

Zeuge PK K.

Der nächste Zeuge, PK K., war auffällig vorbereitet. Er sprach fast schon druckreif, wie der Richter lakonisch kommentierte. PK K. befragte mit seiner Kollegin M. zwei Freunde von Ramadan nach dem Vorfall. Der von ihm befragte Zeuge sei anfangs aufgeregt, dann jedoch ruhig und kooperativ gewesen. Die Verständigung vor Ort habe nur unter Zuhilfenahme von ‚Händen und Füßen‘ funktioniert. Der durch ihn Befragte sei am Kopf und Ohr verletzt gewesen und begann am Körper zu zittern, sodass PK K. nach kurzer Zeit einen Rettungswagen rief.

Die akustische Situation im Gerichtssaal ist weiterhin katastrophal. Manche Mikros sind klar und deutlich, andere wirken so, als wären sie einfach ausgeschaltet.

Nebenkläger P.

Um 13:00 Uhr war der Nebenkläger P. als Zeuge geladen. Er war nicht erschienen, auch sein Anwalt konnte ihn nicht erreichen und wusste nicht, warum er abwesend ist.

Der Staatsanwalt regte an, die Anklagepunkte der Sachbeschädigung und versuchten Körperverletzung fallen zu lassen. Das Schwurgericht zog sich zur Beratung zurück und verkündete nach einer kurzen Pause, die besagten Anklagepunkte fallen zu lassen.

Auch nach der Beratung um 13:17 Uhr war P. nicht erschienen. Es wurde ein Ordnungsgeld i.H.v. 150,- Euro gegen ihn erhoben. P. wird nicht wieder vorgeladen, weil weder Richter, Staatsanwalt noch Verteidigung einen relevanten Wert in seiner Aussage sehen.

Sachverständiger Prof. Dr. Machleidt

Nun wurde dem Sachverständigen das Wort gegeben. Er wurde vom Gericht vorgeschlagen, nachdem die Verteidigung ein psychologisches Gutachten über Ramadans Verfassung beantragt hatte. Heute trug er ca. 80 Minuten lang mündlich die Ergebnisse des Gutachtens vor, welches auf Grundlage von 3 Gesprächen von insgesamt 10 Stunden verfasst wurde.

Wir wollen im Folgenden intensiv auf das Gutachten von Prof. Dr. Machleidt eingehen, da dieses Gutachten im Laufe des Prozesses eine wichtige Rolle spielt. Der Gutachter ist Experte für interkulturelle Psychiatrie sowie für Früherkennung und -behandlung psychischer Erkrankungen bei Migrant*innen.

Der Gutachter schilderte in einem ausführlichen Bericht die persönlichen Erfahrungen und den Werdegang Ramadans beginnend mit seiner Kindheit und Jugend und seiner Arbeit als landwirtschaftlicher Facharbeiter. Er schilderte eindrücklich, dass Ramadan sowohl in der Befragung, als auch generell in seinem Leben ein friedfertiger, ausgeglichener und eher zurückgezogener Mensch sei. Ramadan sei schon früh mit Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen konfrontiert worden, einerseits aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer „ethnischen Minderheit“ im Sudan, anderseits durch Gewalterfahrungen in der Familie.

Mit Mitte Zwanzig sollte Ramadan im Sudan zum Militär eingezogen werden. Weil er aber nicht in menschenrechtsverletzende Einsätzen im Dafur-Konflikt beteiligt werden wollte, entzog er sich und floh aus dem Sudan in das damals noch nicht von Bürgerkriegen erfasste Libyen. Nach dem Sturz Gaddafis wird Ramadan Opfer eines Raubüberfalls, in dem er unter Todesangst gefoltert wird. Der psychologische Gutachter stuft dieses Ereignis eindeutig als Traumaerlebnis ein und stellt fest, dass es bis heute eine starke Auswirkung auf Ramadans psychische Verfasstheit hat. Ramadan hat deswegen schon öfter darüber nachgedacht, sich in psychotherapeutische Behandlung zu geben und nach seiner Ankunft in Deutschland nach einem Therapeuten gesucht.

Die Unruhen in Libyen sind für Ramadan Grund sich nach Europa und schließlich Deutschland aufzumachen. Dort bekommt er die Flüchtlingseigenschaft zugesprochen, weil er sich im Exil für eine oppositionelle Bewegung eingesetzt hat. Im Sudan droht Angehörigen dieser Gruppe ein Todesurteil.

Nach diesen Ausführungen kommt der psychologische Gutachter auf die vorgeworfene Tat zu sprechen und berichtet, dass sich Ramadan an den Beginn des Vorfalls erinnern kann. Er weiß noch, wie er und seine Freunde rassistisch beleidigt wurden und die Gruppe der Deutschen aggressiv auftrat. Er versuchte anfangs noch schlichtend einzugreifen, bis zu der Situation, in der sein Freund rücklings über den Fahrradständer geschubst wurde und am Boden liegend von M. noch mehrere Schläge ins Gesicht bekam. Nachdem sich Ramadans Freund A. nicht mehr bewegte, dachte Ramadan, dass er tot sei. Diesen Moment beschrieb der Gutachter als klar zu erkennende „Verhaltenszäsur“ und erkannte darin den Beginn einer Retraumatisierung, durch die Ramadan in einen inneren „Alarmzustand“ versetzt wurde. Darin ist er nicht in der Lage gewesen sein Verhalten zu steuern und nimmt die Wirklichkeit nur verzerrt wahr.

Ohne zu sehr auf die wissenschaftlich-psychologischen Details, die wir selber nicht beherrschen, einzugehen, können wir folgendes aus den Ausführungen des Gutachters festhalten: Bei Beginn einer Retraumatisierung kommt der Mensch in eine Situation, in der er vollkommen vom Affekt beherrscht wird und weder die Fähigkeit zur Einsicht, noch die zur Steuerung seiner Handlungen besitzt. Es gibt keine Möglichkeit der Reflektion oder Distanzierung. Der Mensch IST der Affekt und handelt seiner Logik entsprechend.

Insofern war die Entscheidung Ramadans, einen Stein zu holen und zu werfen, um M. damit davon abzuhalten, noch mehr Schaden anzurichten, nichts worauf er Einfluss hatte. Ramadan handelte nach Maßstäben des ursprünglichen Traumaerlebnis, in dem SEIN Leben bedroht war.

Nach dem vorgetragenen Gutachten kam es zur Befragung des Sachverständigen. Darin kam die Kernfrage des Tages auf. Die Frage nach der Schuldfähigkeit Ramadans in der konkreten Situation. Die Richter waren sichtlich verunsichert und überrascht, als nach der Anhörung klar wurde, dass der Gutachter in seinen mündlichen Ausführungen – im Gegensatz zum schriftlichen Gutachten, in dem er noch von einer verminderten Schuldfähigkeit sprach – überhaupt keinen Spielraum für Schuldfähigkeit in den relevanten zur Last gelegten Tathandlungen sieht. Auf eine explizite Nachfrage der Rechtsanwältin bestätigte der Gutachter, dass sich Ramadan nicht hätte dagegen entscheiden können, den Stein zu werfen, weil er aufgrund der Retraumatisierung keine Möglichkeit zur Reflektion hatte.

Der psychologische Gutachter ging ebenfalls auf die Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten ein und sagte, dass eine etwa zweijährige ambulante Pychotherapie mit einer Traumatherapeut*in die besten Heilungsprognose bieten würde. Er empfahl eine Auflage nur für die ersten 1,5 Jahre zu veranlassen, weil die Heilungsprognosen durch eine freiwillige Therapie erheblich verbessert würden. Auf Nachfrage der Verteidigung, ob eine solche Behandlung auch stationär vorgenommen werden könne, sagte der Gutachter, dass eine ambulante Therapie im Gegensatz zu einer stationären einen deutlich höheren Heilungserfolg versprechen würde.

Während des Vortrags des Gutachters war Ramadan sichtlich berührt.

Während der Ausführungen verhalten sich die hinter Ramadan und der Verteidigung sitzenden JVA-Mitarbeiter extrem unruhig, werfen sich Blicke zu und drehen sich auf ihren Drehstühlen hin und her, verbreiten eine unruhige Stimmung.

Nach der Befragung des Gutachters wurde der Verhandlungstag beendet.

Prozesstag #3

22.02.2019

Tag 3

Anwesende Personen: Vorsitzender Richter, Beisitzender Richter 1 und 2, 2 Schöffen, Protokollantin, Staatsanwalt, Anwältinnen von Ramadan, Übersetzerin, Ramadan, Rechtsmediziner, ein Polizist und JVA-Angestellte.

Zeuge P. (Nebenkläger) war nicht anwesend. Sein Anwalt war ebenfalls nicht erschienen.

Es wurden erneut keine Zettel und Stifte für Zuhörer*innen im Gerichtssaal zugelassen. Des Weiteren waren bei Beginn der Verhandlung nicht alle Zuschauer*innen im Saal. Dies ist den strengen Kontrollen vor dem Gerichtssaal zuzuschreiben. Für die Zuschauer*innen war es sehr schwer dem Prozessgeschehen zu folgen, da die Mikrofone teilweise sehr leise eingestellt waren. Als sowohl Pressevertretter*innen und Zuschauer*innen den vorsitzenden Richter darauf hinwiesen, erklärte er, dass Zwischenrufe zu unterlassen seien.

Der dritte Verhandlungstag begann mit einer Stellungnahme der Verteidigung zu den Zeugenaussagen des voran gegangen Verhandlungstages. Darin legten die Anwältinnen von Ramadan dar, dass die Aussagen der Zeugin R. als auch des Zeugen M. nicht glaubhaft seien, da der Inhalt ihrer Aussagen erheblich vom Inhalt des Videos abweicht. Es sei der Anschein entstanden, dass die Zeugin R. den Zeugen M. nicht belasten wolle. Während der Verhandlung spielte ein Justizbeamter, der hinter Ramadan saß, immer wieder mit seinem Handy und benahm sich somit der Situation unangemessen.

Nach der Stellungnahme wurde mit der Zeug*innenbefragung begonnen. Als erstes wurde Polizeibeamter R. vernommen. Dieser kam zu der Auseinandersetzung erst hinzu, als diese schon beendet war. Er und ein Kollege von ihm bekamen den Auftrag nach Ramadan zu suchen. Auffällig war dabei, dass der Polizist durchgehend von Opfern und Tätern sprach, obwohl erst in diesem Verfahren geklärt werden soll, ob Ramadan wirklich schuldig ist. Nach Aufforderung der Verteidigung sein Aussageverhalten zu ändern, schaffte es der Polizist dann auch hin und wieder von Tatverdächtigen zu sprechen. Dies ist ein Beispiel dafür wie tief Rollenzuschreibungen in der Polizei verankert sind. R. konnte Ramadan an der Ecke Meisterweg anhand der Personenbeschreibung erkennen. Ramadan verhielt er sich kooperativ und leistete keinen Widerstand. Insgesamt wirkte der Zeuge R. sehr gut vorbereitet und konnte sehr viele Details nennen. Dies lässt den Schluss zu, dass er sich vor der Vernehmung mindestens seine Berichte durchgelesen hat.

Die nächste geladene Zeugin war die Verkäuferin der Bäckerei, vor der die Auseinandersetzung stattfand. Sie kam gegen halb sieben zur Bäckerei. Die Aussage der Zeugin war sehr ambivalent, da sie zuerst behauptete eine Schubsbewegung gesehen zu haben durch welche M. vom Fahrrad geschubst wurde. Auf Nachfrage der Verteidigung wurde jedoch klar, dass sie keine Schubsbewegung gesehen hatte, sondern nur sah, wie M. vom Fahrrad zu Boden fiel. Ebenso sagte die Zeugin aus, dass sie gehört habe, wie sich R. mit zwei Personen stritt. Nach erneuter Nachfrage der Verteidigung kam heraus, dass sie zu dem Zeitpunkt Kopfhörer getragen hat und dementsprechend nichts hören konnte. Sie konnte keine Aussagen über den Beginn der Auseinandersetzung treffen. Auf die Frage des vorsitzenden Richters, ob es eine körperliche Auseinandersetzung gegeben habe antwortete sie, dass sie dies nicht gesehen habe, aber in der Situation beschützt werden wollte. Warum sie auf diese Schlussfolgerung kam, wurde nicht weiter erläutert. Ob diese auf einem subjektivem Befinden oder der Reproduktion von rassistischen Stereotypen basierte, kann somit nicht geklärt werden. Insgesamt konnte die Zeugin keine Tathandlungen irgendeiner Person eindeutig zuordnen. Sie hat nur gesehen, wie ein Stein in die Scheibe der Bäckerei geflogen ist.

Nach der Vernehmung der zweiten Zeugin wurde die Verhandlung für 15 Minuten unterbrochen, um der Dolmetscherin von Ramadan eine Pause zu geben. Während dieser Pause wurde Ramadan in Handschellen aus dem Raum geführt. Als nächstes wurde dann die Zeugin B. vernommen.

Am Tattag fuhr diese mit dem Auto über die Bleckeder Landstraße zur Arbeit. Sie sah die Auseinandersetzung und rief daraufhin die Polizei an. Sie beobachtete die Auseinandersetzung daraufhin aus einiger Entfernung. Sie sagte zuerst aus, dass Ramadan, der später zur Auseinandersetzung hinzu kam, irgendetwas auf „ausländisch“ gesagt hätte. Die Verteidigung hielt ihr daraufhin das Protokoll ihrer Vernehmung der Polizei vor, in welchem sie aussagte, dass Ramadan auf Deutsch gesagt habe „Hört auf mit dem Scheiß“. Des Weiteren sagte sie aus, dass eine anders als Ramadan gekleidete Person einen Stein in die Scheibe der Bäckerei geworfen habe. Auch gab sie an, dass aus den umliegenden Häusern Menschen die Auseinandersetzung gefilmt und „gegackert“ haben.

Die letzte Zeugin des Tages war die Polizeibeamtin M.. Sie setzte zwei Freunde von Ramadan fest und belehrte diese. Die Kommunikation mit diesen war schwierig, aufgrund weniger Deutschkenntnisse. Die beiden Freunde waren ruhig und kooperativ. Für eine Person wurde ein Krankenwagen gerufen, da diese eine Verletzung am Finger hatte. Nach der Belehrung und Festsetzung der beiden Freunde von Ramadan, wurde sie ins Krankenhaus beordert, um die Personalien von P. und M. mit den am Tatort genannten Personalien abzugleichen. Aus Nachfrage der Verteidigung gab sie an, dass P. keinen Personalausweis dabei hatte und sie seine Daten nur mit dem Melderegister abgeglichen hätte. Erst auf der Wache überprüfte sie in einer anderen Datenbank, ob gegen P. noch etwas anderes vorlag. Gegen ihn bestand zu diesem Zeitpunkt ein Haftbefehl. Sie rief daraufhin im Krankenhaus an. P. hatte sich zu diesem Zeitpunkt jedoch schon selbst entlassen.

Zum Ende der Sitzung wurde noch der Rechtsmediziner Dr. A. vom Uni-Klinikum Hamburg angehört. Dieser gab eine Einschätzung zu den Verletzungen der Deutschen ab. Dazu wurden zuerst noch einmal Fotos und Videos aus der Akte gezeigt. Das Fazit war, dass die Verletzungen nicht so schlimm waren, was Zufall war. M. hatte ein Schädelhirntrauma der Kategorie 1, der leichtesten Kategorie. Dies sei, laut seiner Aussage, gleichzusetzen mit einer Gehirnerschütterung.

Um 12:00 Uhr wurde die Sitzung vertagt.

Der nächste Prozesstag ist am 4.3.2019 um 9:30 Uhr im Landgericht Lüneburg, Saal 21.

 

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Prozesstag #2

06.02.2019

Tag 2

Anwesende Personen: Vorsitzender Richter, zwei Beisitzende Richter, zwei Schöffen, Protokollantin, Staatsanwalt, zwei Anwältinnen von Ramadan, Übersetzerin, Ramadan, Gutachter der Nebenklage, mehrere Polizisten und JVA-Angestellte.

Landeszeitung (LZ) nicht anwesend, auch Zeuge P. (Nebenkläger) war krankgemeldet. Sein Anwalt war ebenfalls nicht erschienen.

Das Gutachten des Sachverständigen, der von der Nebenklage beauftragt wurde, ist erst 10 Minuten vor Beginn eingetroffen und konnte somit nicht von den Anwesenden wahrgenommen werden.

Der zweite Verhandlungstag begann mit ähnlich intensiven Sicherheitskontrollen wie beim ersten Prozesstermin. Genauso waren wieder keine Schreibutensilien im Besucher*innenraum erlaubt, was es uns erneut erschwerte, den Prozess kritisch zu dokumentieren.
Beginn des Verfahrens war um 9.35 Uhr. Wie beim letzten Mal kamen, aufgrund der langwierigen Kontrollen noch nach Beginn weitere Personen in den Besucher*innenraum. Erst als eine Rechtsanwältin Ramadans darauf hinwies, dass noch nicht alle Besucher*innen anwesend seien, verzögerte der vors. Richter den Beginn.

Für den zweiten Verhandlungstag waren insgesamt 9 Zeug*innen geladen, von denen allerdings nur die Zeugin R. und der Zeuge M. verhört wurden. Beide gehören zur Gruppe, die rassistisch angriff.

Als erstes ergriff eine Anwältin Ramadans das Wort, um ein „Opening Statement“ für alle Anwesenden abzugeben. Darin schilderte sie den Kontext Ramadans, der aus politischen Gründen den Kriegsdienst im Sudan verweigerte, um sich gegen Gewalt auszusprechen. Die Verweigerung wurde für Ramadan zur Fluchtursache, da er sonst im Sudan verfolgt werden würde. Der Richter kommentierte dies lakonisch als „Vorschusslorbeeren“ für Ramadan.

Danach wurde die Zeugin R. In den Gerichtsstand gerufen. Sie reagierte anfangs aufgeschlossen auf die Fragen des vors. Richters, beteuerte jedoch von vorneherein, dass sie sich nicht mehr an vieles erinnern könne. Im Verlauf der Befragung wirkte die arrogante Art des vors. Richters zum Einen zielführend, was den Wahrheitsgehalt der Aussagen angeht. Zum Anderen fühlte sich die Zeugin R. offensichtlich angegriffen und bloßgestellt, was zu trotzigen und weniger umfangreichen Antworten führte. Auch wiederholten sich ihre Antworten oft mit der gleichen Wortwahl und sie schien manche Fragen inhaltlich nicht zu verstehen.

Zum Sachverhalt kann gesagt werden, dass relativ schnell klar wurde, dass die Zeugin als eine der drei Beteiligten Deutschen direkt in den Fall involviert war. Durch die Befragung seitens der Richter, Staatsanwaltschaft und Rechtsanwältinnen von Ramadan wurde deutlich, dass Zeugin R. als erste Person mit der Gruppe um Ramadan in Kontakt kam, was die darauffolgende körperliche Auseinandersetzung auslöste.

Im Folgenden nehmen wir eine Zusammenfassung der Ereignisse vor, wie sie uns nach dem zweiten Verhandlungstag und nach der intensiven Befragung von Zeugin R. und Zeuge M. erscheinen. Nach dem nächsten Prozesstermin, wenn die Zeugen aus Ramadans Umfeld geladen werden, wird sich unsere Wahrnehmung der Ereignisse ändern.

Laut der Zeugin R. verließ diese gegen 6:30 Uhr ihre Wohnung in der Bleckeder Landstraße, um sich an der nächstgelegenen Tankstelle Zigaretten zu kaufen. Zuvor hatte es einen Trennungsstreit zwischen Zeugin R. Und Zeuge M. gegeben, der dazu führte, dass Zeugin R. den Zeugen M. mitsamt seinen Sachen vor die Tür setzte. Alle drei hatten zuvor die Nacht durchgemacht und gemeinsam getrunken. Zeuge M. hatte daraufhin einen Tobsuchtsanfall und warf und verteilte sein Hab und Gut auf der Straße vor der Wohnung. Er beobachtete, wie sie auf der Straße mit Ramadans Gruppe in Kontakt kam. Als sie an der Gruppe Ramadans vorbeiging, empfand sie dies als unangenehm, was, wie im Verlauf sehr deutlich wurde, sie damit in Verbindung brachte, dass es sich um eine Gruppe von „Ausländern“ gehandelt hätte. „Das ist ja das Typische, was von denen kommt.“, lautete ihre Aussage, was auf eine klar rassistische Haltung ihrerseits schließen lässt.

An den weiteren Verlauf der Ereignisse können sich die Zeug*innen nur sehr lückenhaft bis gar nicht erinnern und verstricken sich zum Teil in Widersprüchen.

Folgende Punkte scheinen uns jedoch noch wichtig zu erwähnen:

  • In der Aussage der Zeugin R. findet sich ein erheblicher Widerspruch, wenn sie sagt, dass sie sich bedroht und „angemacht“ (aber nicht aktiv belästigt) fühlt. Auf engagiertes Nachfragen einer Anwältin Ramadans wurde deutlich, dass sie in der Situation einfach hätte weitergehen können, was einer tatsächlichen Bedrohung widerspricht.
  • In der ersten Aussage bei der Polizei sagte Zeugin R. noch, dass Zeuge M. nachdem er in die Situation kam, angefangen hätte zu „pöbeln“. Auf Nachfragen am heutigen Verhandlungstag erklärte sie jedoch, dass er nur noch ankam, um sie zu beschützen, was darauf schließen lässt, dass sie versucht den Zeugen M., mit dem sie befreundet ist, in ein besseres Licht zu rücken. Gegen Zeugen M. wird ein abgetrenntes Verfahren in der gleichen Sache wegen gefährlicher Körperverletzung geführt.
  • Im Verlauf des Tages wurden zwei Videos, die von Überwachungskameras aufgenommen wurden, im Gerichtssaal gezeigt. Aufgrund der großen Entfernung zum Bildschirm konnten wir nicht jedes Detail erkennen. Im Video wurde jedoch deutlich, dass Zeuge M. eine Person aus der Gruppe Ramadans über einen Fahrradständer schubst und ihm noch mehrere Schläge ins Gesicht verpasst, während dieser schon auf dem Boden liegt. Als Reaktion darauf wirft Ramadan einen Stein auf Zeuge M., der ihn am Kopf trifft. Hier wird klar, dass es KEINE bösartige Tötungsabsicht von Seiten Ramadans gab, sondern es sich um Verteidigung handelte.
  • Zeuge M. und Zeuge P. (Freunde von Zeugin R.) sind beide vorbestraft. Zeuge M. wurde neben vielen anderen Straftaten schon wegen schwerer gemeinschaftlicher Körperverletzung zu 8 Monaten Haft auf 3 Jahre Bewährung verurteilt.
  • Viele wichtige Punkte wurden nur nach konstant fordernder Nachfrage seitens der Anwältinnen Ramadans klar. Hier wird deutlich, dass die kompetente Art beider Anwältinnen für die zu Tage beförderten Tatsachen, eine erhebliche Rolle spielen.
  • Ein beisitzender Richter fragt Zeugin R. warum Zeuge M. und R. nicht schlichtend eingriffen und legt nahe, dass die beiden vielleicht „Bock“ hatten sich zu prügeln.

Viele Details der Befragung und des Ablaufes des Prozesses haben wir in dieser Zusammenfassung ausgelassen, weil sie entweder nebensächlich sind oder noch nicht zum Besseren Verständnis der Situation beitragen. Insgesamt ging der Prozess von 9:30 Uhr bis circa 16:00 Uhr mit einer einstündigen Mittagspause.

Wir gehen davon aus, dass der auslösende Faktor zu Beginn der Auseinandersetzung im Zuge der folgenden Prozesstermine ersichtlicher wird.
Wir empfinden es weiterhin als wichtig, den Prozess zu beobachten, aufgrund der rassistischen Äußerungen der Zeugin R., als auch durch die weitere Nicht-Betrachtung des Kontextes der Tat durch den vors. Richter.

Ramadan hat sich für die Unterstützung im Saal und außerhalb bedankt und freut sich, wenn wir den Prozess weiterhin begleiten. Zeigt Euch solidarisch, in welcher Form auch immer.

Wir sehen uns am 22.02.2019 um 08:45 Uhr zum nächsten Verhandlungstag vor dem Landgericht Lüneburg!

Und weiterhin gilt:

Um die Kosten für die Verteidigung im anstehenden Prozess, sowie weitere Ausgaben zu decken, werden in nächster Zeit mehrere Tausend Euro benötigt. Dafür sind wir auf euren Soli-Beitrag angewiesen. Lasst uns gemeinsam Ramadan und andere von Rassismus Betroffene in ihrem Kampf um Freiheit und Gerechtigkeit unterstützen.

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Prozesstag #1

29.01.2019

Tag 1 – Anklageverlesung

Heute fand der erste Prozesstag im Landgericht Lüneburg gegen Ramadan statt, der sich rein der Anklageverlesung widmen sollte. Für uns, als Unterstützer*Innen-Kreis von Ramadan, war dies somit der Start der kritischen Prozessbeobachtung in diesem Verfahren. Unsere Eindrücke schildern wir im Folgenden. Diese Protokolle erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und sind aus subjektiver Sicht geschrieben.

Doch der Reihe nach…

Um 08:45 Uhr versammelten sich rund 50 Personen auf dem Marktplatz Lüneburg. Vor dem Eingang des Landgerichts, direkt neben der hiesigen Justizvollzugsanstalt (JVA), in der nur Menschen während ihrer Untersuchungshaft einsitzen, wurde ein Banner mit der Aufschrift „Solidarität mit Ramadan – Vor dem Stein war ein rassistischer Angriff – Kritische Prozessbeobachtung“ gezeigt. Es war schön zu sehen, wieviele Menschen sich an diesem Morgen mit Ramadan solidarisierten, insbesondere die vielen Freunde von ihm aus der sudanesischen Community. Neben einem rassistischen Kommentar eines vorbeifahrenden Passanten, gab es auch einige positive Rückmeldungen von Menschen, die sich interessiert zeigten.

Ein zwischenzeitlich an uns vorbeigeführter Mensch in Handschellen, sowie ein Gefangenen-Transporter, prägte im weiteren die Stimmung und ließen erahnen, wie sich der erste Prozesstag entwickeln würde.

Durch die vom Gericht angeordneten „besonderen Sicherheitsvorkehrungen“ wurde der Einlass ab 09.30 Uhr durch einen Nebeneingang geregelt, wo sich ab 09:15 Uhr eine lange Schlange der Unterstützer*innen bildete. Ein Justiz-Beamter machte alle Anwesenden darauf aufmerksam, dass sie einzeln nacheinander hereingelassen würden. Durch die im Gebäude vollzogenen intensiven Durchsuchungen aller Besucher*Innen, zog sich die Wartezeit stark in die Länge. Während Pressevertreter*Innen sowie Prozessbeteiligte schneller hineingelassen wurden, fand sich auch der Nebenkläger mit Begleitung vor dem Einlass ein und fiel durch abfällige Kommentare auf. Dieser im Prozess als Geschädigter auftretender Nebenkläger, der jedoch für die ganze Auseinandersetzung als rassistischer Aggressor mitverantwortlich ist, erschien überheblich auf der einen Seite, unsicher auf der anderen.

Im Gegensatz zu den von den in der Lünepost beschriebenen Befürchtungen, dass „weitere Auseinandersetzungen wohl nicht ausgeschlossen werden können“, entlarvte das Fehlen jeglicher Sicherheitsbeamt*innen in dieser Situation das heraufbeschworene Bedrohungsszenario als glatte Inszenierung.

Ganz anders verhielt es sich dann jedoch nach dem Einlass. Nach der Kontrolle des Personalausweises erfolgte eine intensive Leibesvisitation, die das Niveau von Flughafenkontrollen bei weitem übertraf. Sämtliche Gegenstände mussten abgegeben werden, sodass nicht einmal das für eine gute Prozessbeobachtung benötigte Material von Papier & Stift mitgenommen werden durfte.

Das geschilderte Prozedere erwies sich abermals als inkonsequente Inszenierung, da in dem Bereich des Gerichtssaals, in dem die Zuhörenden saßen und der durch eine Glasscheibe vom restlichen Saal getrennt war, kein*e Beamt*innen zugegen waren obwohl Unterstützer*innen beider Seiten anwesend waren.

Im Gerichtssaal anwesend waren neben dem vorsitzenden Richter zwei beisitzende Richter, sowie 2 Schöffen. Weiterhin war bei unserem Eintreffen bereits der Staatsanwalt und eine Protokollantin des Gerichts zugegen, sowie der Nebenkläger mit seinem Anwalt. Letzterer wirkte äußerst selbstgefällig und schien dem Staatsanwalt bereits bekannt zu sein, sodass beide sich gut gelaunt unterhielten. Auf der anderen Seite saß eine der beiden Anwältinnen von Ramadan mit der Arabisch-Dolmetscherin. Zuletzt befanden sich eine Handvoll Sicherheitsbeamte sowie Pressevertreter*innen im Saal.

Als Ramadan in Handschellen hereingeführt wurde, waren alle Kameras auf ihn gerichtet. Er schützte sich, so gut es ging, durch das Hochhalten einer grünen Mappe vor dem nicht enden wollenden Blitzlichtgewitter, allerdings war dies durch seine Handschellen besonders erschwert.

Obwohl der Zuhörerraum aufgrund der langwierigen Sicherheitskontrollen nicht einmal zur Hälfte besetzt war, wurde die Verhandlung durch den Richter eröffnet. Dies hatte zur Folge, dass die Verhandlung nicht für alle Interessierten öffentlich zugänglich war und nach Eröffnung der Verhandlung nur noch mindestens 5 weitere Personen den Besucherraum betreten durften, teilweise jedoch erst 3 Minuten vor Ende der Verhandlung. Alle anderen mussten draußen bleiben, obwohl mehr als genug Platz vorhanden war. Hier muss deutlich der implizite Ausschluss weiter Teile der Öffentlichkeit kritisiert werden, obwohl das Interesse an der Verhandlung offensichtlich war. Hinzu kam, dass für die anwesenden Zuhörer*innen das Folgen des Verfahrens durch nicht ausreichende Mikrofonausstattung weiter erschwert wurde.

Nach der Vereidigung der Schöffen und der Dolmetscherin, musste die Verteidigung den Richter zunächst daran erinnern, Ramadan die Handschellen abnehmen zu lassen. Diesem stimmte er in einer übertrieben wohlwollenden Art und Weise zu.

Dann wurde Ramadan zu seiner persönlichen und beruflichen Situation befragt. Nachdem Ramadan, die Frage des Richters, ob er denn einen Beruf ausübe, verneinte, konstatierte dieser auf eine leicht spöttische Art, dass jegliche Form der Wissensaneignung im Sudan wohl ausgeblieben sei. Auch die Feststellung, dass Ramadans derzeitiger „Wohnort“ die JVA Lüneburg sei, erfolgte durch den Richter mit einem Grinsen.

Es folgte die Anklageverlesung des Staatsanwalts, in welcher wie bereits erwartet, jeglicher Kontext außen vor gelassen und damit der Eindruck hinterlassen wurde, Ramadan hätte lediglich aus reiner Bosheit gehandelt. Spekulative Elemente in der Anklage unterstellten Ramadan eine „billigende Inkaufnahme einer Tötung“. Letztere käme daher, dass einer der rassistischen Aggressoren, am Boden liegend, in einer körperlichen Auseinandersetzung mit einem Freund des Angeklagten gewesen sei und daher keine Hände zur Verfügung gehabt hätte, als der Angeklagte den Stein in seine Richtung warf. Details über die Situation der am Boden kämpfenden wurden genauso wie der rassistische Angriff zu Beginn der Auseinandersetzung in der Anklageschrift gezielt verschwiegen und somit die Möglichkeit den Steinwurf in ein anderes Licht zu rücken, verstellt. Aus unserer Sicht spielen diese Faktoren jedoch eine besondere Rolle für Ramadans Verhalten und seine Entscheidung, einen Stein zu werfen. Als eines unter mehreren, zeigt bereits dieses Beispiel, dass die Anklage jegliche Kontextualisierung des vorhergegangenen Konflikts mit rassistischem Auslöser außer Acht lässt.

Die Anklageverlesung endete um 10.15 Uhr. Die formale Nachfrage auf eine Einlassung Ramadans auf die Anklage, wurde durch seine Verteidigung vorerst verneint.

Nach kurzer Verwirrung über einen Mann, der fälschlich auf der Pressebank saß, jedoch eigentlich als Gutachter geladen war, schloss der Richter um 10.18 Uhr den ersten Verhandlungstag.

Nach nur diesen ersten Verfahrensminuten sowie den sonstigen Eindrücken, sind wir umso mehr überzeugt, dass es einer unabhängigen Prozessbeobachtung und kritischen Öffentlichkeit bedarf. Weiterhin erfordern die nächsten Verhandlungstage wegen des zu erwartendem Erscheinen von Zeug*innen, des Nebenklägers sowie deren Unterstützer*innen, einer noch stärkeren Teilnahme von uns und Euch im Gericht und davor.

Ramadan hat sich für die Unterstützung im Saal und außerhalb bedankt und freut sich, wenn wir den Prozess weiterhin begleiten. Zeigt Euch solidarisch, in welcher Form auch immer.

Wir sehen uns am 06.02. um 08:45 Uhr vor dem Landgericht Lüneburg!

Und weiterhin gilt:

Um die Kosten für die Verteidigung im anstehenden Prozess, sowie weitere Ausgaben zu decken, werden in nächster Zeit mehrere Tausend Euro benötigt. Dafür sind wir auf euren Soli-Beitrag angewiesen. Lasst uns gemeinsam Ramadan und andere von Rassismus Betroffene in ihrem Kampf um Freiheit und Gerechtigkeit unterstützen.

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Kundgebung zum Prozessbeginn – 29.01.2019

Kundgebung: Solidarität mit Ramadan!
Gemeinsam gegen Rassismus – in Lüneburg und überall!

29.01.2019 – 08:45 Uhr – Marktplatz Lüneburg

Zum Beginn des Gerichtsprozesses wollen wir gemeinsam eine weitere Kundgebung für Ramadan abhalten, damit er und alle anderen wissen: Wir sind da, wir gucken hin.
Am 29.1.2019 wird um 9:30 Uhr die Anklage verlesen.
Wir treffen uns um 8:45 Uhr vor dem Landgericht (Am Markt 7, 21335 Lüneburg) für unsere Solidaritätskundgebung für Ramadan.

Überlassen wir den rassistischen Stimmungsmacher*innen nicht die Deutungshoheit! Wir werden den Prozess genau beobachten und mit guter anwaltlicher Beratung für einen fairen Ablauf sorgen!

29.01.2019 – 08:45 Uhr – Marktplatz Lüneburg

Und weiterhin gilt:
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Soligrüße über die Knastmauern

Solidary greetings over the prison wall

Heute (29.12.2018) fand eine erste Solidaritätskundgebung für Ramadan vor der JVA in Lüneburg statt. Rund 60 Menschen nahmen an dieser teil und sendeten ihre Grüße über die Knastmauern.

Seit dem 29. Juli 2018 sitzt Ramadan in Lüneburg in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen eine andere Person verletzt zu haben. Dies soll während einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen zwei Personengruppen geschehen sein. Zu dieser Auseinandersetzung kam es, nachdem mehrere Personen Geflüchtete rassistisch beleidigt und bedroht hatten. Aus einer verbalen Auseinandersetzung entwickelte sich eine Prügelei, bei der mehrere Personen verletzt wurden. Kurze Zeit später traf die Polizei ein und nahm zwei der Geflüchteten in Gewahrsam. Zwei der rassistischen Angreifer kamen ins Krankenhaus, wobei einer dieser Personen dieses wieder schnell verließ, weil er per Haftbefehl gesucht wurde.

Seit nun genau 5 Monaten befindet sich Ramadan wegen einer angeblichen „Schwere der Tat“ in Untersuchungshaft, er soll eine andere Person mit einem Pflasterstein verletzt haben. Im Nachhinein wurde Ramadan in den Medien als brutaler Schläger dargestellt. Die Polizei wollte in ihrer ersten Verlautbarung keine Angaben zum Grund der Auseinandersetzung machen. Der rassistische Hintergrund verschwiegen. Über Ermittlungen gegen die deutschen Täter ist bisher nichts bekannt.
Weder die Pressemitteilung der Polizeiinspektion Lüneburg, noch die Landeszeitung, gingen im Sommer in ihren Berichten auf die rassistische Dimension dieses Angriffs ein. Sie schrieben von „Streit“, „tätlichen“ und „gewalttätigen Auseinandersetzungen“, „Gewalttätigkeiten“ – sowie „schweren Gesichtsverletzungen“ eines Deutschen. Allein der Lünepost vom 1. August 2018 war knapp zu entnehmen, welche rassistischen Anfeindungen zu der Auseinandersetzung führten.

Die einseitige Ermittlung der Polizei und Berichterstattung der Medien stehen in einer Kontinuität rassistischer Täter-Opfer-Umkehr und zeichnen ein unvollständiges Bild der Geschehnisse.
Offenbar stand für die Polizei von vornherein fest, dass die Geflüchteten die Angreifer und somit Täter sein mussten und die rassistischen Pöbler und Schläger die Opfer. Hier zeigt sich mal wieder das Racial Profiling der Polizei. Aufgrund äußerlicher Merkmale werden hier Menschen als verdächtig eingeschätzt und nicht anhand von konkreten Verdachtsmomenten.
Die bisherigen Ermittlungen und die ungerechtfertigte und unverhältnismäßige Untersuchungshaft zeigen nicht nur einen institutionellen Rassismus der Verfolgungsbehörden auf, sondern auch, dass es kein Verlass auf unabhängige Ermittlungen gibt.

Ramadan befindet sich in Untersuchungshaft, weil offenbar nur ein kleiner Ausschnitt der Auseinandersetzung in die Ermittlung einbezogen, der eigentliche Auslöser aus dem Blick genommen, die Angreifer zu Opfern umgedeutet wurden und das Agieren der Polizei auf rassistischen Stereotypen basierte.

Seit 5 Monaten befindet sich Ramadan nun in Haft. Aus diesem traurigen Anlass fand die Kundgebung statt, um ihn nicht nur zu grüßen, sondern sie sollte auch Start einer Solidaritätskampagne sein. Zum einen soll eine Prozessbegleitung initiiert und zum anderen soll er finanziell unterstützt werden. Es sollen für ihn und die anderen Betroffenen Gelder für den anstehenden Prozess, die Kosten für die Rechtsanwält*innen und weiteren nötigen Ausgaben gesammelt werden.

Die Kundgebung war ein erstes Zeichen, um ihn und die anderen Betroffenen der rassistischen Attacke in ihrem Kampf um Freiheit und Gerechtigkeit nicht alleine zu lassen.

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Do the right thing! Rassismus bekämpfen!
Freiheit für Ramadan!